Merle Fahrholz

Merle Fahrholz ist seit der Spielzeit 2018/19 Chefdramaturgin und Stellvertretende Intendantin an der Oper Dortmund. Zuvor war sie als Dramaturgin für Musiktheater am Theater und Orchester Heidelberg (2016–2018) und am Nationaltheater Mannheim (2013–2016) engagiert, 2007–2013 leitete sie die Musiktheaterdramaturgie des Theaters Biel Solothurn (Schweiz). Während ihres Studiums absolvierte sie Praktika u. a. bei den Berliner Philharmonikern, der Semperoper Dresden und der Metropolitan Opera New York.

Merle Fahrholz betreut als Produktionsdramaturgin unterschiedlichste Inszenierungen von Repertoirewerken, selten gespielten Opern und Uraufführungen sowie Stückentwicklungen. Dazu gehören u. a. 2016 die Uraufführung von Der Golem (Video-Libretto: Peter Missotten, Komposition: Bernhard Lang) oder 2015 die musiktheatrale Performance Flowers of Carnage (Komposition: Annesley Black). Sie arbeitet mit RegisseurInnen wie Peter Konwitschny, Lorenzo Fioroni, Christof Nel, Tatjana Gürbaca, Dietrich Hilsdorf, Martin G. Berger und Wolfram Mehring.

Zudem engagiert sie sich im Bereich Kulturvermittlung, so zeigte sie sich u. a. mit Catching fire – Haendel on the Road gemeinsam mit Alvaro Schoeck für ein interkulturelles Händelprojekt verantwortlich, das in mehreren Etappen in Serbien durchgeführt wurde. Am Theater und Orchester Heidelberg organisierte sie darüber hinaus Symposien an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis, u. a. in Zusammenarbeit mit der Universität Heidelberg sowie der UNESCO City of Literature Heidelberg. Merle Fahrholz promovierte 2015 an der Universität Zürich, ihr Buch zu Heinrich August Marschners romantischer Oper Der Templer und die Jüdin erschien im Bärenreiter-Verlag. Lehraufträge führten sie u. a. an die Universitäten Heidelberg und Zürich.

Heft 9

Musiktheater in der Krise? Positionen zwischen Institution und Ästhetik

Mai 2020

ISSN 2191-253X

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Lange Planungshorizonte im Musiktheater: Hindernis oder Chance? Einige praxisbasierte Überlegungen

von Merle Fahrholz

Zusammenfassung.

Das Musiktheater ist an den Stadttheatern die Sparte mit dem längsten Planungsvorlauf. Dies hat mannigfache Gründe und liegt unter anderem daran, dass es auch die personell aufwendigste Sparte ist, die den größten Bühnenraum beansprucht. Zudem verfügt das Musiktheater zumeist über das höchste Budget, das jedoch auch mit der Verpflichtung einhergeht, dieses möglichst gewinnbringend einzusetzen, damit das Haus als Ganzes inklusive der Werkstätten etc. getragen werden kann.

Der Artikel setzt sich mit der Frage auseinander, was dieser langfristige Planungshorizont für die Oper als Gattung bedeutet, für die Sparte der Stadttheater und für die Entwicklung des Musiktheaters als publikumsrelevante Bühnenform. Zunächst werden die Gründe für diese lange Planung aufgezeigt und ihre Relevanz erörtert. Des Weiteren sollen Überlegungen angeregt werden, inwiefern dieser zeitliche Vorlauf nicht nur einschränkend ist, sondern auch Chancen eröffnet und wie der Umgang mit tagesaktuellen Fragen dennoch erfolgen kann.

Als Grundlage für die Erarbeitung dieser Erörterung dienen über zehn Jahre praktische Erfahrung in Leitungspositionen an Stadttheatern verschiedener Größen. Zudem werden aktuelle Fallbeispiele aus dem internationalen Musiktheater-Bereich zur besseren Veranschaulichung der Situation herangezogen. Der Artikel soll so einerseits die Herausforderung des langen Planungsvorlaufes im Musiktheater bewusst machen, andererseits zu einem gedanklich offenen Umgang hiermit anregen, der jenseits einer schablonenhaften Abarbeitung der einzelnen Saisonplanungen liegt.

   

Long planning horizons in music theatre: obstacle or opportunity? Some practical considerations

   

Abstract

The music theatre is the branch with the longest planning lead at the municipal theatres. There are a number of reasons for this including the fact that it is also the most personnelintensive section at theatres, which occupies the largest stage space. In addition, music theatre usually has the highest budget, but this is also accompanied by the obligation to use it as profitably as possible so that the theatre as a whole, including the workshops, etc., can be supported.

The article deals with the question of what this long-term planning horizon means for opera as a genre, for the municipal theatre sector and for the development of music theatre as a stage form relevant to the public. First of all, the reasons for this long planning processes are presented and their relevance will be discussed. In addition, considerations will be suggested as to the extent to which this time lead is not only restrictive but also opens up opportunities and how current issues can be dealt with. More than ten years of practical experience in management positions at municipal theatres of various sizes serve as the basis for this discussion. In addition, current case studies from the international music theatre sector will be used to illustrate the situation further. On the one hand, the article is intended to raise awareness for the challenge of the long planning processes in music theatre and, on the other hand, to encourage an open-minded approach to this issue that goes beyond the stereotyped processing of individual season plans.